Genre: | Thriller, Romance (YA) |
Veröffentlichung: | February 2011 |
Seiten: | 448 |
Herausgeber: | Oetinger |
Websites: | Antonia Michaelis | Goodreads |
Mein Exemplar: | gekauft |
Zu kaufen: | Amazon (DE) | BookDepository |
Klappentext: Geliebter Mörder? - Abel Tannatek ist ein Außenseiter, ein Schulschwänzer und Drogendealer. Wider besseres Wissen verliebt Anna sich rettungslos in ihn. Denn es gibt noch einen anderen Abel: den sanften, traurigen Jungen, der für seine Schwester sorgt und der ein Märchen erzählt, das Anna tief berührt. Doch die Grenzen zwischen Realität und Fantasie verschwimmen. Was, wenn das Märchen gar kein Märchen ist, sondern grausame Wirklichkeit? Was, wenn Annas schlimmste Befürchtungen wahr werden?
"Ich bin nicht gekommen, um zuzuhören" sagte Anna und erklärte den Satz insgeheim zur Lüge des Tages. "Ich ... ich musste zuhören. Verstehst du? Ich ... es ist eine wunderbare Geschichte. Woher hast du all diese Worte? All diese Bilder?"
"Aus der Realität", sagte Abel. "Mehr hat man ja nicht."
"Nein", sagte Anna. "Mehr hat man nicht ..."
Wenn man sich sein ganzes Leben kennt, kann man einander auch im Dunkeln sehen.
Meine Meinung: Der Märchenerzähler ist eigentlich ein Buch, an dem ich ohne weiteres dran vorbei gelaufen wäre, hätte ich nicht so einige Empfehlungen gelesen. Dennoch stand es eine ganze Weile ungelesen in meinem (virtuellen) Regal. Dieses Buch ist einzigartig. Es ist ein atemberaubender und spannender Thriller für junge Erwachsene, aufwendig in einem scheinbar harmlosen Märchen. Es mag sich vielleicht langweilig anhören - Märchen, wer glaubt denn heutzutage noch an Märchen, werden sicherlich einige junge Leute sagen, aber dieses Märchen erzählt nichts als die reine Wahrheit, allerdings gut getarnt, wie der Wolf im Schafpelz wenn man so will.
Blut.
Überall ist Blut. An seinen Händen, an ihren Händen, auf seinem Hemd, seinem Gesicht, auf den Fliesen, in Schlieren verschmiert, auf dem kleinen runden Teppich, es tränkt ihn, dunkel, schwarz beinahe, der Teppich war einmal blau, er wird nie mehr blau sein. (...)
Schon der erste kurze Absatz schafft eine fesselnde Bindung zwischen Leser und Buch. Der erste Mord? - Es scheint wohl so zu sein. Aber wer mag ihn begangen haben und wer ist das Opfer. Natürlich tappt der Leser im Dunkeln. Es lassen sich keine besondere Merkmale oder ähnliches finden. Und während man noch fleißig grübelt -vielleicht hat man ja doch eine Kleinigkeit übersehen-, lernt man auch schon Anna kennen. Ein junge, sehr nette vielleicht auch ein wenig naive Musterschülerin, die bald vor ihrem Abitur stehen wird. Und dann lernt sie Abel kennen. Nicht den Abel, den Drogendealer, den ihre Mitschüler kennen, sondern den richtigen Abel, der fürsorgliche Bruder einer kleinen süßen Schwester und Märchenerzähler. Spätestens wenn Abel beginnt sein Märchen für seine kleine Schwester zu erzählen, taucht der Leser von der Realität in eine wundervolle Fantasiewelt ein. Dieser Übergang ist kaum spürbar, nur bei der ersten 'Pause', sprich dem wieder auftauchen aus der wunderschönen Welt der kleinen Königin in die Realität merkt der Leser einen kleinen Sprung. Realität und Märchenwelt wechseln sich ständig ab. Es dauert manchmal sogar einige Tage bis zu einer Woche, bis Abel sein Märchen weitererzählen kann. Und schon bald wird dem Leser klar, dass das Märchen gar kein Märchen ist, sondern grausame Wirklichkeit.
Antonia Michaelis Schreibstil passt sich der Einzigartigkeit des Buches an - einfach nur hinreißend. Es gibt dem Leser das Gefühl, beim Weglegen des Buches, die Fortsetzung des Märchens zu verpassen. Es ist eigenartig und schwer zu beschreiben, aber man muss hier einfach weiterlesen. Allerdings fiel es mir auch sehr schwer, das Buch in einem Rutsch durchzulesen, ich wollte unbedingt, aber ich konnte nicht. Jedesmal wenn Abel sein Märchen weitererzählt hat, kam ich automatisch ins Grübeln. Meine Gedanken drehten sich um Anna, Abel, Micha (die kleine Königin und Abels Schwester) und um die Reise, die die kleine Königin beschreitet. Wohin wird das Ganze führen, was wird noch passieren und wer ist für diese grausamen Taten verantwortlich? In Frage kommen natürlich mehrere Personen und jedesmal wenn man glaubt, man weiß wer hinter all dem steckt, wendet sich das Blatt und bekommt einen völlig anderen Blickwinkel. Bis zum 'bitteren' Ende tappt man hier Wortwörtlich im Dunkeln - was mir persönlich sehr gut gefallen hat.
Fazit: Der Märchenerzähler ist ein unvergleichliches Buch, mit einem wunderschönen Märchen, welches jedoch grausame Wirklichkeit ist. Es ist, wie es sich für einen Thriller gehört blutig und durchdringend. Die Altersfreigabe von 14 Jahren finde ich vollkommen in Ordnung, auch wenn die Worte "blutig" und "durchdringend" den ein oder anderen aufschrecken oder aufhorchen lassen - jeder liest mit 'anderen Augen'! Das Erfassen oder auch das Erkennen des komplexen Ausmaßes ist immer ein anderes, abhängig davon wie alt der Leser ist.
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